Corona – wem nützt es?

Der folgende Text entstand als Antwort auf die Mail einer Freundin, die sich fragt, warum jetzt zu so „drakonischen“ Maßnahmen gegriffen wird, wo doch 25.000 Grippetote 2017/18 der Öffentlichkeit kaum eine Meldung wert waren.

Nach allen Infos, die mir vorliegen, scheint mir der Hauptunterschied zu damals darin zu liegen, dass Corona viel ansteckender ist und dass es keine Impfung dagegen gibt. Beides zusammen bedeutet, dass die Fälle innerhalb kurzer Zeit so viele werden können, dass das Gesundheitssystem komplett zusammenbricht. Dann wäre eine medizinische Versorgung für jede und jeden einzelnen von uns nicht mehr gesichert.
Die zwei Online-Artikel, die ich schon in meinem letzten Blogbeitrag verlinkt habe, illustrieren, was ich meine.

Eine gute Darstellung möglicher Epidemie-Verläufe, die sehr deutlich macht, warum es nötig ist, dass jetzt sofort ALLE ihre körperlichen Sozialkontakte auf ein absolutes Minimum reduzieren, findet sich hier: https://perspective-daily.de/article/1181/7UikVAkg
Die Washington Post hat derweil auch eine sehr anschauliche Simulation online gestellt, die dasselbe vielleicht noch eindrücklicher vermittelt (und kürzer und verständlicher).

Kennst du Menschen, die im Krankenhaus arbeiten? Frag die mal, was sie denken. Die Situation kann dort sehr schnell sehr prekär werden, wenn nicht alle und jetzt sofort mithelfen, die Explosion der Infektionsfälle zu vermeiden. Wenn alle auf einmal krank werden, ist eine adäquate medizinische Versorgung für niemanden mehr sicher – auch nicht für werdende Mütter, für Kinder mit Blinddarmdurchbruch oder für Jugendliche Opfer von Verkehrsunfällen. Für niemanden.

Innerer Widerstand gegen Bevormundung, Misstrauen gegenüber der Regierung, all das ist mir durchaus vertraut, darf aber nicht dazu führen, auch vernünftige Maßnahmen abzulehnen.

Und ich habe bislang kein Argument gehört, dass die Fakten auf der ganzen Welt anerkennt und gleichzeitig darlegen kann, warum diese Maßnahmen falsch sind.

“Drakonisch“, wie du sagst, müssen diese offensichtlich sein, weil so viele Menschen inzwischen glauben, Fakten ignorieren zu dürfen (solange es sie nicht selbst betrifft) und Egoismus mit dem Recht auf Selbstbestimmung verwechseln.

Die gegenwärtige Situation macht vielleicht deutlich, was dieses Recht auf Selbstbestimmung eben nicht sein darf: die schrankenlose Verwirklichung der eigenen Bedürfnisse ohne Rücksicht auf die anderen. Im Gegenteil: Gegenseitige Rücksichtnahme und Selbstbegrenzung zum Schutz anderer gehören bedingungslos zum Recht auf Selbstbestimmung in Gemeinschaft. Anders ist dieses Recht doch gar nicht sinnvoll denkbar. Oder?

Du fragst, wer von dieser Entwicklung profitieren wird. Ich sage: das ist noch nicht ausgemacht! 

Natürlich werden die üblichen Verdächtigen (Pharmaindustrie zb) versuchen, Profit draus zu schlagen. Natürlich stärken Notstandsgesetze erstmal den Repressionsapparat. Usw. Aber.

Genau solche Auseinandersetzungen, wie wir sie gerade führen, können auch eine radikalere Form von Demokratie beleben und in die Welt bringen. Wir müssen reden, und wir müssen über Fakten reden und Argumente austauschen. Populismus muss hier versagen, Elitedenken entlarvt sich selbst, und wer sich wirklich um wen sorgt, zeigt sich im ganz konkreten Verhalten.

Wenn wir es schaffen, in dieser Situation auch in ganz neuen Konstellationen (auch über unterschiedliche Hautfarben und Sprachen hinweg) neue Formen des gesellschaftlichen Zusammenhalts zu begründen, dann haben wir ein großes Pfund in der Hand, mit dem wir denen, die sich am Ende einfach nur bereichern oder ihrer eigenen Macht versichern wollen, entgegentreten können. Letztlich ist die Frage, wer profitiert, immer eine Frage der Macht, und nie endgültig entschieden.

Ich freue mich auf eure Kommentare!

0 Gedanken zu „Corona – wem nützt es?

  • …Ja, „cui bono“ – Wem nützt es … Das ist mir eigentlich eher aus „Krimis“ vertraut – in der Annahme, dass Täter*innen etwas tun, weil es ihnen nützt – und im Umkehrschluss dadurch einfacher als die Täter*innen erkennbar sind.
    In dieser gegenwärtigen Krise scheint mir das allerdings auch anders gelagert, da es auf mich erst einmal so wirkt, dass die Maßnahmen ALLEN nützen – in der Annahme und Hoffnung, die Verbreitung von Corona zu verlangsamen.
    Und ja, das sind aktuell deutlich mehr Maßnahmen als „wir“ es alle gewohnt sind. Und ja, die blitzschnelle Abrufbarkeit von Informationen verleitet dazu, sich schneller für ein/e Expert*in zu halten – und eigene Sichtweisen zu finden.
    Der Prozess der Konsensfindung ist allerdings langwierig – und ehe wir partizipativ auseinander dividiert hätten, was wirklich sinnvoll und was wirklich angemessen wäre, könnte eine wertvolle Zeitspanne verstreichen / verstrichen sein …
    Hm, natürlich fällt es mir leichter, „Einschränkungen“ hinzunehmen, wenn ich diese für sinnvoll halte – und darauf vertraue, dass die Idee dahinter nicht meine schleichende Entmündigung ist …

    Ansonsten, PrinzessinKarl, gefällt mir Dein Text – und insbesondere der letzte Abschnitt … Das Ausbrechen aus den vertrauten Mustern kann im besten Fall dazu führen, dass neue noch tollere Muster entstehen. – Es bleibt spannend – und es bleibt wichtig, dass „wir“ uns ALLE als Gestalter*innen erleben, kritisch bleiben – aber eben auch daheim. 😉

    Danke für Deine Blog-Beiträge!
    LG

  • „Cui bono“ ist auch die Standard-Einleitung für alle Verschwörungstheorien, auf die ich insgesamt antworten wollte: lassen wir uns doch nicht die Butter vom Brot nehmen! Genau wie du sagst: „es bleibt wichtig, dass „wir“ uns ALLE als Gestalter*innen erleben, kritisch bleiben – aber eben auch daheim“.

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