Nachdem ich jetzt mehrere Bücher wieder weggelegt habe (u.a. Zadie Smith weil mich das Leben mit einer POP-Ikone auf Dauer langweilt, Lauren Groff weil zu hetero, Eva Dolan weil die politisch aktive junge Frau einem Widerling verfallen ist, der sie mies behandelt), habe ich endlich mal wieder ein Buch zum verschlingen entdeckt: „Das wussten wir schon“ von Noemi Schneider.
An der Kasse keines gewöhnlichen, sondern natürlich eines verpackungsfreien Supermarkts treffen wir die Ich-Erzählerin dieses äußerst kurzweiligen und frechen Romans. Eigentlich ist sie Filmemacherin, nur ist Kultur halt eben auch ein Business, in das sie irgendwie nicht reinpasst mit ihren Ideen.
Ihre Mutter, deren Mitgefühl für Flüchtlinge größer zu sein scheint, als das Mitgefühl für die eigene Tochter, überlässt ihr Gartenhaus einem von der Abschiebung bedrohten Salafisten just in dem Moment, als die Erzählerin sich ihre Wohnung nicht mehr leisten kann. Von da aus nimmt eine Geschichte ihren Lauf, die der deutschen Mittelschicht aller Altersstufen sowie sozialen und Mainstream-Medien den Spiegel vorhält und dabei nicht mit wundervoll bizarren Szenen geizt.
Aus Sicht der in den 1980ern geborenen Kinder erleben wir eine politisch linksorientierte und inzwischen gut situierte und selbstgerechte Elterngeneration, die die emotionale Befindlichkeit und die Lebenswirklichkeit ihrer Kinder kaum wahrnimmt. Trotzdem handelt es sich hier nicht um eine überhebliche Abrechnung mit allem, was den Kindern da hinterlassen wird. Stattdessen ist immer spürbar, wieviel Sympathie und Einverständnis die Tochter den Ansichten ihrer immer noch aktiven Mutter in vielen Aspekten entgegenbringt. Und wieviel anarchistische Freude an unkonventionellen Lösungen sie doch geerbt hat. Am Ende gilt es, dieses Erbe in die Gegenwart zu übertragen und den Missständen der Gesellschaft, so wie die jüngere Generation sie antrifft, mit zeitgemäßen Mitteln und auf eigene Art entgegenzutreten. Eine gewisse Distanz allerdings bleibt. Nachvollziehbar.
Wenn ihr hören wollt, wie das klingt: hier liest die Autorin selbst:
… und wenn ihr jetzt noch mehr Motivation braucht: Barbara Junge von der taz war auch ganz begeistert und hat Noemi Schneider 2017 auf der Leipziger Buchmesse getroffen:
Ein Gedanke zu „Als Kind in Wackersdorf, mit 30 an der Kasse“
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