Wer die Katze nicht ehrt…

Wer die Katze nicht ehrt, ist den Oscar nicht wert! Shape of Water (auf deutsch: Das Flüstern des Wassers), der neue Film von Guillermo del Toro, wird als Märchen für Erwachsene angepriesen und 2018 als Oscar-Kandidat gehandelt. Ich fand ihn im letzten Drittel unnötig brutal und behalte den Oscar daher lieber für mich 😉

Shape of Water ist eine in phantasievollen Bildern erzählte Liebesgeschichte, deren Figuren an Die Schöne und das Biest denken lassen, nur passen sie in unsere Zeit und sind am anderen Ende der sozialen Hierarchien verortet. Und das durchaus mit politischer Absicht. Wie der Regisseur in einem Interview sagt:

…es ist ein Film gegen Ausgrenzung – und für Diversität. Ich glaube nicht an Reinheit, sondern an wilde Kreuzungen. Sie bringen die schönsten Geschöpfe hervor. Das gilt auch fürs Kino. In „Shape of Water“ mischen sich unter anderem Fantasyfilm, Spionagethriller und Musical.

Ein sympathischer Ansatz!

Unsere HeldInnen leben prekär, sind schwarz, schwul, behindert, solidarisch, idealistisch, kreativ…. aber fast unsichtbar in einer Welt, in der militärische Belange und persönlicher Ehrgeiz das Sagen haben. Das personifizierte Böse und seine Familie dagegen sehen aus wie Ken und Barbie, er macht Karriere und berauscht sich an Macht und Konsum, Frau und Kinder sind vor allem dankbar, ergeben und adrett.

Die Ignoranz dieser Macht gegenüber den vermeintlich Ohnmächtigen erlaubt unseren HeldInnen ein Husarenstück, das uns beinahe mitten im Film applaudieren lässt. So weit, so gut.

Doch dann bekommt der Film plötzlich eine Brutalität, für die ich beim besten Willen keinen Grund finde.

In oben genanntem Interview erwähnt del Toro die Szene, in der das Biest einer Katze den Kopf abbeißt, um deutlich zu machen, dass auch Verhaltensweisen, die wir als wild empfinden, zur Andersartigkeit gehören und respektiert werden müssen. Einwand! Auf der filmischen Ebene hätte dafür auch ein anderes Bild gefunden werden können, und auf der übertragenen Ebene sollte doch klar sein, dass spätestens beim Respekt vor dem Leben der Spaß aufhört.

Spätestens ab diesem Moment wird der Film Tarantino-haft in der Darstellung von Gewalt: explizit, blutlüstern, ausgiebig. Und damit verlässt er die Ebene des Märchenhaften und verspielt die Chance, ein Gute-Laune-Film zu werden. Stattdessen waren wir einfach nur froh, als er vorbei war und der Abend bei einem Glas Sekt dann trotzdem noch romantisch wurde.

Wenn ich mir im Nachhinein den Trailer nochmal anschaue, muss ich aber doch sagen, dass der Film auch viel Gutes hat. Ein magisches Look and Feel zum Beispiel (die Stimmung, die Farben!), die Amelie-hafte Sally Hawkins als Elisa, das schmucke Biest, die gesamte Ausstattung, den Soundtrack, und dabei den gesellschaftspolitischen Anspruch. Ohne Katzenmord hätte das echt was werden können!

Mein Lieblingsgenre im Film

Über Binger Readers wundervolle Serie #WomenInScifi wurde ich auf die Bloggerin Miss Booleana aufmerksam und fand bei ihr den Aufruf zu einer interessanten Blogparade namens Name your Genre. Ich musste nicht lange überlegen: mein Lieblingsgenre im Film sind anarchistische Geschichten mit weiblichen Heldinnen und gerne auch skurrilem Einschlag. Kein griffiger Titel, was? Also eigentlich meine ich sowas wie Gaunerkomödien, nur halt eben mit weiblichen Heldinnen. Gaunerinnenkomödie klingt allerdings furchtbar. Auf Englisch ist es einfacher: wenn Gaunerkomödie tatsächlich Crime Caper heißt, und ich die Wikipedia-Definition von Caper Stories richtig verstehe, dann wäre der Begriff Lady Capers genau der richtige!

Ein paar Beispiele für dieses Genre:

Louise Hires a Contract Killer mit der wundervollen Yolande Moreau in der Hauptrolle!!! (Viel zu lang nicht mehr gesehen…):

Yolande Moreau spiel auch in Das brandneue Testament mit, die Obergaunerin hier ist aber Pili Groyne. Sie nimmt es sogar mit Gott auf (der kein lieber ist, sondern ein Arschloch, das in Brüssel wohnt).

Auch dies hier ist für mich ein Gaunerstück, hier geht es um die Aneignung Schwarzer Filmgeschichte. Von der Filmemacherin Cheryl Dunye habe ich danach leider nie wieder was gehört…

https://www.youtube.com/watch?v=uXRYhmx9AXo

Jackie Brown passt irgendwie auch in das Genre – leider mag ich Tarantino nach den Aussagen von Uma Thurman zu den Dreharbeiten bei Kill Bill auch nicht mehr so ganz gerne empfehlen. Und den Bechdel-Test besteht dieser Film wohl auch nicht. Trotzdem: Die großartige Pam Grier als Jackie Brown reißt es raus!

Als Klassiker zählt für mich – trotz des unbefriedigenden Endes – auch noch dazu: Thelma und Luise!

Und sie ist wahrscheinlich schuld:

https://m.youtube.com/watch?v=vS4DNnp8ZhM

Danke, Pipi!

Ich wünschte, mir würden noch viel mehr Filme dieses Genres einfallen, leider lässt mich mein Gedächtnis manchmal im Stich… Tipps und Ergänzungen sind also mehr als willkommen!

In Korea verfilmt ein Mann einen lesbischen Thriller.

[youtube https://www.youtube.com/watch?v=MKuiTagkFvU]

Schöne Frauen und eine raffinierte Story zwischen Thriller und Liebesgeschichte – ein super Rezept für einen Film, keine Frage. Der Plot geht auf einen Roman von Sarah Waters zurück, einer bereits mehrfach ausgezeichneten lesbischen Autorin aus Wales. Verfilmt hat ihn nun ein Mann.

Was ist der Mehrwert des neuen Films von Park Chan-wook? Gegenüber der früheren BBC-Verfilmung die Opulenz. Schauspielerinnen, Kostüme, Ausstattung, Stimmung: all dies von Anfang bis Ende – über 145 Minuten hinweg – eine Augenweide. Die Ästhetik begleitet mich immer noch durch trübe Wintertage.

Der südkoreanische Regisseur hat es aber dabei nicht belassen, er hat der Geschichte noch eine von Sarah Waters nicht vorgesehene Dimension von Pornographie und Gewalt hinzugefügt – und das macht den Film für mich dann doch schwer verdaulich. Leider! Denn auch wenn diese Elemente, soviel sei verraten, am Ende nicht siegen – einmal mehr wurden sie in die Welt gebracht und leben dort fort (Denken Sie nicht an einen rosa Elefanten!).

Im Film kommen mehrere längere lesbische Sexszenen vor. Wieviel Voryuerismus wohl dahintersteckt? Hoffen wir mal, dass es nicht so lief wie bei „Blau ist eine warme Farbe“, wo die Schauspielerinnen sich beim Dreh sexuell ausgebeutet fühlten.

Das offensichtlich mehrheitlich heterosexuelle Kino-Publikum bei der Sneak Preview quittierte die lesbischen Liebesszenen  mit nervösem Gekicher, scheinbar gelangweiltem Stöhnen und hier und da (zum Glück unterhalb meiner Wahrnehmungsschwelle) wohl sogar mit einem Igitt. Geräuschen jedenfalls, die ich bei heterosexuellen Sexdarstellungen im Kino so noch nie erlebt habe. Laut theguardian.com ist es Park Chan-wook ein Anliegen, mit diesem Film Homosexualität in Asien zu enttabuisieren. Da braucht es in Deutschland wohl auch noch etwas Anstrengung. Und ob im Kontext von Kamasutra-Texten und -Zeichnungen Tabus auf gesellschaftlicher Ebene fallen, und nicht einfach erotische Phantasien bedient werden, würde ich auch eher bezweifeln.

Insgesamt ein frauenfreundlicher, aber immer noch ein Männerblick auf Frauenliebe. Und deshalb, bei aller Schönheit der Bilder, doch nicht ganz das, was mein Lesbenherz begehrt.